Der Tag besteht zur Zeit daraus, einzupacken, zu frühstücken, zu radeln, zu essen, zu radeln, einen Platz zum schlafen zu suchen, dort hin zu radeln, aufzubauen, zu essen, eine Postkarte zu malen und dann schlafen zu gehen. In diesem Ablauf ist nur Zeit zum Blog schreiben, wenn ich im Hotel bin. Dann muss ich ja nix Auf- und Abbauen.
Also was soll ich euch sagen? Ich bin überwältigt von der Schönheit der Natur hier. Am Rhein wars auch schön, aber das ist einfach nix gegen die Hügel hier und die Berge in der Ferne und die Kuhherden und Felder und Wiesen. Ich kann mich gar nicht satt sehen daran. Seit 5 Tagen radel ich durchs Voralpenland und bin jetzt schon bis zum Chiemsee gekommen. Viel schneller als gedacht, weil ich trotz deutlich mehr Höhenmeter meine 70km durchschnittlich beibehalten habe.
Aber von vorne:
Am Freitag bin ich erst einmal von Konstanz nach Lindau am Bodensee entlang gefahren. Die deutsche Seite ist super schön zu fahren, weil man durch lauter hübsche Orte kommt, die eine Promenade am Wasser haben. In Lindau gibt es einen schönen Campingplatz direkt am Wasser, sodass ich auch nochmal in den See hüpfen konnte. Frisch, aber ganz prima!
Am Samstag morgen hab ich das Wasser (Rhein bzw. Bodensee) dann entgültig verlassen um mich auf den Weg Richtung Königssee zu machen. Für alle Kenner gibt es da direkt am Bodensee einen Ort namens Hörbranz, wo wirklich wirklich zufällig 😉 meine Strecke vorbeiführte und ich einen Abstecher machen musste um ein wenig Alte Marille für unterwegs mitzunehmen. Diese Etappe hatte es dann allerdings in sich. Raus aus dem Flachland waren die 740 Höhenmeter echt nicht ohne und ich in dieser Hinsicht noch nix gewohnt. Aber die Landschaft war einfach sooo wunderschön, dass ich das fast vergessen habe. Kurz vor Etappenende konnte ich noch kurz im Alpsee bei Immenstadt baden gehen und da es nachts regnen sollte, hatte ich mir zwischen Immenstadt und Sonthofen ein Airbnb gemietet und dort ganz ganz liebe Menschen erwischt. Ich war von dem Tag sowas von k.o. Angeblich ist nachts ein Hubschrauber geflogen, weil eine Frau vermisst wurde, aber ich hab geschlafen wie ein Stein.
Warum muss der Weg genau über den Hügel gehen und nicht drumrum?
Am Sonntag ging es weiter nach Füssen. Leider hat es den ganzen Tag mehr oder weniger doll geregnet. Überdachte Bushaltestellen bekommen an solchen Tagen ganz neue Bedeutungen. Eine wurde für ne ganze Stunde zu meiner Zuflucht. Die Höhenmeter hatten es auch wieder in sich (600 nochwas, weiß nicht mehr genau) und komplett durchnässt hab ich mir in Füssen dann wieder ein Hotel gesucht. Dort hat gerade auch ein anderer Radwanderer eingecheckt, der genauso vollbepackt und begossen da stand. Wir kamen ins Gespräch und er erzählte, dass er trotz seiner Krebserkrankung (der vierten!!!) zum Gardasee fährt und auch wenn er die Fahrt immer wieder für die Krebstherapie unterbrechen muss, fährt er danach weiter. Wow!
Am Montag gings ab Füssen erstmal am Schloss Neuschwanstein vorbei und dann weiter durch die tolle Landschaft mit diesmal nicht ganz so vielen Höhenmetern, sodass ich bei gutem Wetter sehr entspannt bis nach Kochel am See gefahren bin. Dort gabs noch ein seeehr leckres Abendessen in der Gaststätte neben dem Campingplatz. Und ich hab mich sehr gefreut wieder im Zelt zu liegen.
Barfuß durch die Furt Schloss Neuschwanstein
Leider war am nächsten Morgen alles nass, obwohl es nicht geregnet hatte. Aber es wird halt wirklich langsam Herbst und das merkt man an dem krassen Frühnebel. Dienstag Morgen war die wie in Watte gehüllt, man hat nichts gesehen und es war alles klamm und die Feuchtigkeit und Kälte ist überall rein gezogen. Also nasses Zelt einpacken und dann bin ich erstmal zwei Stunden durch dichten Nebel geradelt. Da muss man gut gucken, dass man die Schilder auch nicht verpasst. Irgendwann ist es aufgezogen und wurde ein wunderbarer Sonnentag und das Zelt hab ich auf ner Wiese in der Nachmittagssonne getrocknet. Gebirgstechnisch war der Tag wieder anspruchsvoller, vor allem weil viel aus Schotterpiste bestand, was sowieso schwerer zu treten ist. Wenns dann aber besonders steil hoch oder runter geht, sind meine Reifen leider doch ein wenig zu schmal und rutschen weg, weshalb ich einige Passagen auch mal geschoben hab. Cool war eine Stelle mit einer Furt. Auf dem Weg hatte ich noch eine Frau mit ihrem Vater kennengelernt. Sie mit Muskelkraft, er mit E-Bike. Gemeinsam sind wir barfuß das Rad schiebend durch die Furt gewatet. Das Kneipp-Bad inklusive. Das war super. Abends bin ich am Schliersee angekommen und der Campingplatz dort war wirklich sehr sehr süß. Ich hab auch noch den Premiumplatz direkt vorne am Wasser bekommen und bin natürlich erstmal ne Runde baden gegangen. Am Tag vorher hatte ich zwei Mädels kennengelernt, die auch zum Königssee wollen und die ich ständig unterwegs wieder sehe. Wir haben abends ein wenig gequatscht und ein Aperol Spritz in der Campingbar genossen.
Gestern morgen war dann mal wieder alles nass, aber dafür durfte ich direkt vom Zelt aus einen ganz ganz tollen Sonnenaufgang am See erleben. Die Etappe war höhenmetermäßig echt lustig. Erst die ganze Zeit relativ flach und dann gings mitten durch den Wald eine extreme Schotterpiste sehr sehr steil bergab. Mit stotterbremsen und Pausen (Bremsbacken waren heiß), sowie schieben (Reifen rutschen weg) hatte ich aber einen riesen Spaß und bin happy unten in Bad Feilnbach angekommen und hab dort erstmal wieder mein Zelt zum trocknen ausgebreitet. Es ist immer wieder interessant, wer einen da nur komisch anguckt und wer sich traut zu fragen, was ich da mache. Und es kommen manchmal wirklich tolle Gespräche dabei raus. Die Mädels haben mich dort irgendwann eingeholt und von der tollen geteerten Strecke erzählt, die sie runtergedüst sind. Scheinbar war meine Abfahrt irgendeine parallele Nebenstrecke und ich hab es gar nicht gemerkt. Aber naja, ich hatte richtig Spaß dabei 🙂 Die Unterkunftssuche gestaltete sich gestern nicht so leicht. Der einzige wirklich verfügbare Campingplatz bestand aus einer nassen Wiese neben der Autobahn auf der ich nach wenigen Minuten schon fünf Mückenstiche hatte. Ich hab mich also wieder aufs Rad gesetzt und bin noch 12km weiter gefahren nach Übersee am Chiemsee, wo ich halt wieder im Hotel war. Gestern war ich tatsächlich so ko, dass ich mir ganz faul eine Pizza ins Hotel bestellt habe. Die war gar nicht mal so gut, aber ich umso hungriger.
Heute morgen bin ich schon bis nach Traunstein gefahren und hab hier endlich mal Wlan, was das Hochladen der Bilder aushält. Sitze im Café und stärke mich mit Curry und dann gehts weiter nach Bad Reichenhall.
Bis bald, eure Tine